DKG zur großen Krankenhausreform

Krankenhausversorgung wird auf große Kliniken und in städtischen Regionen zentralisiert, Verlierer sind die Menschen auf dem Land

Berlin, 18. März 2024 – Zum Referentenentwurf für das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) erklärt der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) Dr. Gerald Gaß:

„Der jetzt vorgelegte Gesetzentwurf zeigt, wie Bundesgesundheitsminister Lauterbach seinen Plan von der Zentralisierung der Krankenhausversorgung umsetzen möchte. Die Stichworte dazu sind: Kleinteilige Struktur- und Personalvorgaben sowie Mindestfallzahlen als Voraussetzung für die Leistungserbringung und dazu eine Finanzierung, die die Universitätskliniken besonders fördert und Grundversorgungskrankenhäuser benachteiligt. Das Konzept der Vorhaltefinanzierung bleibt ohne Änderung gegenüber dem Arbeitsentwurf und damit wirkungslos im Gesetzespaket bestehen.

Was mit dem Transparenzgesetz startet, wird durch die große Krankenhausreform vollendet. Der Gesetzentwurf zur Krankenhausreform ist ein Affront gegenüber den Bundesländern und eine Absage an das Ziel gleichwertiger Lebensbedingungen in Stadt und Land im Bereich der Gesundheitsversorgung. Die Krankenhausversorgung wird sich nach diesem Gesetzentwurf sehr stark in den größeren Krankenhäusern und verdichteten Regionen konzentrieren. Der aktuell laufende kalte Strukturwandel, der bereits den Boden für diesen Umbau der Krankenhauslandschaft bereitet, wird mit dem Gesetzentwurf nicht gestoppt, sondern im Sinne dieses Konzentrationszieles von der Ampelregierung toleriert und weiter tatenlos hingenommen.

Es gibt keine Regelung, die die Landesbasisfallwerte oder die Psychiatrieentgelte in diesem Jahr maßgeblich anheben würde. Die Vorschläge für die vollständige Refinanzierung der Tarifsteigerung werden den Krankenhäusern nach Angaben im Gesetzentwurf einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag bringen. Wer das in Relation zu den 500 Millionen Euro Defizit stellt, die die Kliniken jeden Monat durch die inflationsbedingten Kostensteigerungen verbuchen, sieht, dass diese Regelung nicht hilft. Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Verbesserungen bei den Erlösen werden den kalten Strukturwandel kurzfristig nicht aufhalten und bedeuten auch mittelfristig keine Existenzgarantie für kleine Krankenhäuser in der Fläche. Auch hier entpuppt sich das Versprechen des Bundesgesundheitsministers zur Existenzgarantie als Nullnummer.

Obwohl es verfassungsrechtlich klar geregelt ist, dass Krankenhausplanung Ländersache ist, will Karl Lauterbach die Entfernung zwischen den Bürgern und ihren Krankenhäusern zentral vorgeben. 30 Minuten Fahrzeit zum nächsten Grundversorgungshaus scheinen ihm zumutbar, obwohl zum Beispiel die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hier nur 20 Minuten vorsieht.

Dort, wo die Bundesländer Ausnahmen von den kleinteiligen Strukturvorgaben machen und Krankenhäusern in der Fläche damit die Möglichkeit geben, die Patientenversorgung trotz der Zentralisierungspolitik weiter zu ermöglichen, setzt Bundesminister Lauterbach den Pranger seines Transparenzatlas ein. Diese Kliniken will er im Atlas besonders markieren, um Patienten und Fachkräfte abzuschrecken.

Viele der Regelungen, ob es die Vorhaltefinanzierung oder die Leistungsgruppen sind, sind hochkomplex, und man muss auch die möglichen Interdependenzen zwischen den Regelungen bewerten. Auffällig ist aber, dass man die Bevölkerung im Ungewissen lassen will, welche Auswirkungen die Reform haben werden, denn erstmals Ende 2029 soll das zuständige Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus die Auswirkungen zur Vorhaltevergütung und dabei insbesondere hinsichtlich der Veränderung der Versorgungstruktur und der Qualität der Versorgung vorlegen. Bundesgesundheitsminister Lauterbach hatte den Ländern und der Öffentlichkeit während des Gesetzgebungsverfahren mehrfach eine Auswirkungsanalyse im Vorfeld der Beschlussfassung dieses Gesetzes versprochen. Nun aber geht es im Blindflug durch den Umbau der Krankenhauslandschaft bis zum Jahr 2030. Das ist völlig verantwortungslos und zeigt, dass man der Öffentlichkeit ganz bewusst die Konsequenzen dieser Gesetzgebung vorenthalten möchte.

Sehr zweifelhaft ist, wie dieses Gesetz – wie vom Minister angekündigt – zustimmungsfrei sein soll. Es ist kaum vorstellbar, dass die vorgesehene Regelung zu den Leistungsgruppen mit dahinterliegenden Mindestzahlen für Eingriffe und Behandlungen nicht als einschneidender Eingriff in die Landeszuständigkeit bewertet werden. Die Länder werden das als massiven Eingriff in ihre Verantwortung für die Krankenhausplanung begreifen, war doch die Absprache eigentlich, die Leistungsgruppen und deren Bedingungen aus NRW zu übernehmen, wo es keine Mindestzahlen gibt. Bisher existiert überhaupt keinerlei empirische Evidenz für derartige Mindestfallzahlen im Zusammenhang mit einem daraus resultierenden Patientennutzen. Tatsächlich dienen diese Mindestfallzahlen dem politischen Ziel von Karl Lauterbach, die Krankenhauslandschaft in der Fläche massiv auszudünnen und die Versorgung auf große zentrale Krankenhäuser in den städtischen Regionen zu konzentrieren.

Das gesamte Gesetzeswerk atmet den Geist der Zentralisierung der Krankenhausversorgung, ohne die Patientenversorgung in der Fläche angemessen sicherzustellen. Damit sind unsere schlimmsten Befürchtungen eingetreten. Der Umbau der Krankenhauslandschaft geht auf Kosten des ländlichen Raumes. Moderne Ansätze, wie telemedizinische Netzwerke zwischen Zentren und wohnortnahen Krankenhäusern, wurden komplett ausgeblendet. Auch die von uns immer wieder vorgeschlagenen regionalen Versorgungsnetzwerke zwischen Krankenhäusern unterschiedlicher Versorgungsstufen haben bei der Erarbeitung dieses Gesetzentwurfes keine Rolle gespielt.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein Bürokratie- und Regulierungsmonster ohne Beispiel. Über sechs kleingedruckte Seiten hinweg wird der Bürokratieaufwand für die Wirtschaft und damit insbesondere für die Krankenhäuser beschrieben. Allein die Begründung des Gesetzestextes listet über 30 Einzelthemen auf, die die Krankenhäuser und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusätzlich belasten werden. Es folgen weitere zehn Seiten mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand für Krankenkassen, Selbstverwaltung, Bund und Länder, mit insgesamt 44 beschriebenen Einzelthemen. Damit nimmt die Bundesregierung zukünftig noch mehr Arbeitszeit der Beschäftigten für Bürokratie in Anspruch, die eigentlich für die Versorgung der Patientinnen und Patienten gebraucht wird. Das ständig wiederholte Versprechen der Ampelregierung und auch von Karl Lauterbach persönlich von der Entbürokratisierung und Deregulierung entpuppt sich abermals als leer.

Wenn man den gesamten Gesetzentwurf an den Zusagen des Ministers im Vorfeld misst – Entökonomisierung, Entbürokratisierung, Existenzsicherung für kleine Kliniken – ist das Ergebnis eine einzige Enttäuschung.

Damit rächt sich bitter, dass Gesundheitsminister Lauterbach immer wieder verweigert hat, sich mit dem verantwortlichen Selbstverwaltungspartner der Krankenhäuser, der DKG, auszutauschen und mit ihr zusammenzuarbeiten. Stattdessen hat er sich nur mit handverlesenen Personen, insbesondere aus dem Kreis der Universitätskliniken, beraten. Auch der Versuch der Bundesländer, den Minister über Monate hinweg auf die Bedeutung der flächendeckenden Gesundheitsversorgung aufmerksam zu machen, ist letztlich ohne Erfolg geblieben.“

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