DKG zum Gutachten des Sachverständigenrats
Fachkräftesicherung: Gesundheitspolitik muss jetzt handeln
Berlin, 25. April 2024 – Zum heute vorgestellten Gutachten des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen und in der Pflege erklärt der Vorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) Dr. Gerald Gaß:
„Der Sachverständigenrat hat in seinem Gutachten den bereits vorhandenen und weiter absehbaren Mangel an Fachkräften im Gesundheitswesen in den Mittelpunkt gestellt. Wir begrüßen diese Schwerpunktsetzung ausdrücklich und halten auch die Stoßrichtung der vorgeschlagenen Maßnahmen für richtig.
Ganz richtig konstatiert der Rat, dass es genauso unrealistisch wie ineffizient sei, einfach die Zahl der Beschäftigten zu erhöhen. Für die Politik ist das Gutachten eine unüberhörbare Aufforderung, die vom Rat benannten Themen wirkungsvoll aufzugreifen. Dazu sind einige wesentliche Reformschritte nötig:
Die Politik insgesamt, nicht nur die Gesundheitspolitik, muss einen starken Schwerpunkt darauf setzen, die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung zu stärken und die Prävention von Krankheit in den Mittelpunkt zu rücken. Vermeidbare Erkrankungen vermeiden und damit die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen auf das notwendige Maß zu konzentrieren, ist die wichtigste Maßnahme überhaupt.
Richtig ist auch, dass wir insgesamt die Effizienz unseres Versorgungssystems steigern müssen. Patienten mit Behandlungsbedarf müssen besser gesteuert werden, damit sie am richtigen Ort ankommen. Die vom Rat vorgeschlagene Primärarztversorgung und die längst überfällige Reform der Notfallversorgung sind richtige Hinweise.
Auch im Bereich der Krankenhausversorgung mahnt der Rat weitere Maßnahmen an, die mehr Effizienz in die stationäre Versorgung bringen müssen. Auch das ist richtig. Hier könnten wir bereits weiter sein, wenn der Bundesgesundheitsminister die von allen geforderte Krankenhausreform nicht fortlaufend durch Alleingänge gegenüber den Ländern gefährden würde. Hier ist bereits viel Zeit für eine geordnete Transformation verloren gegangen.
Allerdings liegen die vom Rat monierten Effizienzreserven nicht ausschließlich beim stationären Sektor. Auch im ambulanten Bereich sehen wir eine Über- und Fehlversorgung, die viel Personal bindet.
Neben diesen strukturellen Maßnahmen brauchen wir aber auch ganz grundsätzlich eine Entlastung des Gesundheitspersonals von Bürokratie und Überregulierung. Dass Ärztinnen und Ärzte genauso wie Pflegekräfte im Krankenhaus heute rund drei Stunden täglich mit Bürokratie verbringen müssen, die zum überwiegenden Teil keinen medizinischen oder pflegerischen Nutzen hat oder überflüssige Doppelarbeit verlangt, ist völlig inakzeptabel. In dieser Zeit fehlen sie bei ihrer eigentlichen Arbeit am Patientenbett. Allein durch die Halbierung dieser Bürokratiezeit würden wir im Krankenhaus 30.000 Vollkräfte im ärztlichen Dienst und 70.000 Vollkräfte im Pflegedienst für die Patientenversorgung gewinnen. Im niedergelassenen Bereich sieht es nicht besser aus. Mit Blick auf die Gesetzesvorhaben aus dem Lauterbach-Ministerium dürften sich die Menschen in Gesundheitsberufen aber eher auf noch mehr Bürokratie und noch mehr Ineffizienz einstellen. Das ist eine Entwicklung in die völlig falsche Richtung, die immer mehr Versorgungseinschränkungen zur Folge haben wird, obwohl in kaum einem anderen Land so viel Gesundheits- und Pflegepersonal zur Verfügung steht wie in Deutschland.
Wir benötigen ein Gesundheitssystem, in dem Angebote endlich im Sinne der Patientenversorgung verzahnt werden. Die starren und nicht mehr nachvollziehbaren Grenzen zwischen den Sektoren müssen durchlässig werden. In Krankenhäusern müssen viel mehr ambulante Behandlungen möglich werden. Das entlastet einerseits die Beschäftigten der Kliniken vom Aufwand stationärer Behandlungen. Andererseits unterstützt dies die Arbeit der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, deren Praxen es vor allem in ländlichen Regionen immer seltener zu finden sind.
Das Gesundheitswesen muss endlich in die Lage versetzt werden, die Potentiale der Digitalisierung zu nutzen. Krankenhäuser und deren Beschäftigte sind noch immer von analoger Aktenführung und fehlenden digitalen Meldewegen betroffen. Dort, wo Prozesse digitalisiert sind, sind die Beschäftigten häufig mit hoher Dysfunktionalität oder noch aufwendigeren Arbeitsabläufen als vorher konfrontiert. Schon heute ist Deutschland in Sachen Digitalisierung weitgehend abgehängt. Und es scheint, als ob die schwerfällige Politik daran auch in den kommenden Jahren nicht viel ändern wird. Fehlende Digitalisierung und übermäßige Bürokratie sind zu zwei besonders deutschen Phänomenen geworden, die sich aber gegenseitig verschärfen.
Es gibt also mehr als genug Arbeitsaufträge an den Bundesgesundheitsminister. Nur leider fehlt uns die Zuversicht, dass die Politik diese Aufträge ernstnehmen und umsetzen wird.“
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